Die Demonstrationen gehen in den sechsten Tag und haben sich in Krawalle gewandelt, als die Demonstranten Autos in Brand setzten, Barriere auf den Straßen aufstellten und mit Feuerwerkskörpern auf die Polizei schossen. Die Polizei hat Tränengas gegen die Demonstranten eingesetzt. Die französische Regierung mobilisierte landesweit 45.000 Polizisten und gepanzerte Fahrzeuge, um Krawalle zu stoppen.
Auslöser der Ausschreitungen
Am 27. Juni wurde der 17-jährige Franzose algerischer Abstammung, Nahel M., bei einer Verkehrskontrolle in Nanterre erschossen. Laut einem Staatsanwalt haben Polizisten versucht, Nahel zu stoppen, als er auf einer Busspur fuhr. Der Jugendliche überfuhr zunächst eine rote Ampel, blieb dann aber in einem Stau stecken. Beide beteiligten Beamten sagten, sie hätten ihre Waffen gezogen, um ihn an der Flucht zu hindern. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Der Polizist, der einen Schuss abgab, sagte, er habe befürchtet, dass er und sein Kollege oder jemand anderes von dem Auto überfahren werden könnten. Gegen den Polizisten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet, er kam in Untersuchungshaft.
Gegen Polizeigewalt beteiligten sich tausende Menschen an einem Trauermarsch zu Ehren des getöteten 17-Jährigen in Nanterre. Die Mutter Nahels trug ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift „Gerechtigkeit für Nahel“. Proteste fanden vor der Polizeiwache in Nanterre und in über zehn anderen Städten in Frankreich statt.
Der Vorfall verschärft die seit langem anhaltenden Spannungen zwischen der Polizei und Jugendlichen aus Armenvierteln. Die Demonstranten forderten eine Reform der Polizei.
Reaktion der Regierung
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den tödlichen Schuss des Polizisten verurteilt. Ein Jugendlicher sei getötet worden, das sei nicht zu erklären und nicht zu entschuldigen, sagte er. Macron sagte wegen der Ausschreitungen seinen geplanten Staatsbesuch in Deutschland ab. Jedoch hat er die Anforderungen zur Verhängung eines Ausnahmezustands abgelehnt.
Innenminister Gérald Darmanin forderte am Freitag, dem 30. Juni dazu auf, Busse und Straßenbahnen in ganz Frankreich ab 21 Uhr anzuhalten, nachdem es drei Nächte lang im ganzen Land zu städtischen Unruhen gekommen war. Die Behörden einiger Städte haben einige große geplante Events gestrichen. Präsident Macron rief Eltern dazu auf, ihre Kinder im Teenageralter zu Hause zu lassen, um Unruhen in ganz Frankreich zu stoppen. Er sagte, dass soziale Netzwerke eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Unruhen spielen. Er nannte Snapchat und TikTok als Plattformen, die zur Organisation der Ausschreitungen genutzt werden.
Weitere Folgen
Über 2000 Autos wurden in Brand gesetzt und über 500 Häuser zerstört. Viele Geschäfte wurden geplündert. Schwere Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizisten ereigneten sich im ganzen Land. Laut dem französischen Innenministerium hat die Polizei bei Ausschreitungen ab dem 30. Juni etwa 3000 Menschen festgenommen. Allein am Abend des Freitags, dem 30. Juni wurden 1300 Demonstranten festgenommen und über 200 Polizisten verletzt. Die Krawalle in Frankreich haben nun auch Einfluss auf die Schweiz. Demonstrationen ereigneten sich im schweizerischen Lausanne nach der Verbreitung der Aufrufe über soziale Netzwerke. Dabei wurden sieben Randalierer festgenommen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich besorgt über die Krawalle in Frankreich geäußert. Auf Twitter riet der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani, seinen Landsleuten, unnötige Reisen nach Frankreich zu vermeiden. Er bat auch Iraner in Frankreich, aufgrund der unsicheren Lage, die Präsenz bei Konflikten zu vermeiden.
Die Ausschreitungen in Frankreich senden noch kein Signal zum Stopp aus. Ihre Folgen sind noch nicht unter Kontrolle. Diese zeigen, dass zahlreiche komplizierte Probleme in Frankreich bestehen bleiben und in kommender Zeit gelöst werden müssen.