Der Fortschrittsbericht zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele wurde im Rahmen des Hochrangigen Politischen Forums für Nachhaltige Entwicklung veröffentlicht, das am 14. Juli im UN-Hauptquartier in New York begann. Es handelt sich hierbei um den zehnten Jahresbericht der UNO seit der Aufnahme der 17 Entwicklungsziele in die Agenda 2030 im Jahr 2015.
Ein kontrastreiches Bild
Im diesjährigen Bericht hebt die UNO hervor, dass zehn Jahre nach der Einführung der nachhaltigen Entwicklungsziele etwa 35 Prozent der 17 Ziele auf dem richtigen Weg seien und bereits deutliche Fortschritte erzielt worden seien. Besonders auffällig sei der Fortschritt bei einigen Zielen, die eine entscheidende Rolle für die sozioökonomische Entwicklung der Länder spielen. Konkret seien die Raten extremer Armut gesunken, ebenso wie die Sterblichkeitsraten bei Neugeborenen und Müttern. Der Zugang von Mädchen zur allgemeinen Bildung sowie die Bildungsbeteiligung in vielen Ländern hätten deutlich zugenommen.
Gleichzeitig zeigt der Bericht aber auch zahlreiche Herausforderungen auf, die die vollständige Umsetzung der Ziele bis 2030 gefährden. Fast die Hälfte der Ziele komme nur sehr langsam voran, und bei 18 Prozent der Ziele sei sogar ein Rückschritt zu verzeichnen. Dazu Li Junhua, UN-Untergeneralsekretär für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten:
„Über 800 Millionen Menschen leben weiterhin in extremer Armut. Der CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat den höchsten Stand seit über zwei Millionen Jahren erreicht, wobei 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen ist. Frieden und Sicherheit haben erheblich gelitten, über 120 Millionen Menschen sind zur Flucht gezwungen worden, doppelt so viele wie im Jahr 2015.“
Laut UN-Vertretern begann die Zielabweichung bereits während der COVID-19-Pandemie und hat sich seither durch zunehmende geopolitische Instabilität und globale Konflikte verschärft. Besonders betroffen seien Kinder. Laut einem Ende Juni veröffentlichten UN-Bericht erreichte die Zahl der in Konflikten missbrauchten oder getöteten Kinder im vergangenen Jahr mit über 41.000 Fällen den höchsten Stand seit über zwei Jahrzehnten. Zudem werden die Folgen des Klimawandels dramatischer und übersteigen die bisherigen UN-Prognosen deutlich. Das 1,5-Grad-Ziel, die Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau bis zum Ende des Jahrhunderts, gilt bereits seit 2024 als außer Reichweite. UN-Vizegeneralsekretärin Amina Mohammed räumt ein:
„Wir stehen unter großem Druck, die Erwartungen der Menschen sind hoch. Das Vertrauen bröckelt, und während wir versuchen, unsere Versprechen aus der Agenda 2030 einzuhalten, verschärfen sich die Krisen weltweit.“
Sechs vorrangige Handlungsbereiche
Um zu verhindern, dass die nachhaltigen Entwicklungsziele weiter vom Kurs abkommen oder gar Rückschritte erleiden, ruft der UN-Bericht zu entschlossenem Handeln auf, das sich auf sechs vorrangige Bereiche konzentriert. Sie sind Ernährungssysteme, Energiezugang, digitale Transformation, Bildung, Beschäftigung und soziale Sicherheit sowie Klimaschutz und Biodiversität. Laut UN-Generalsekretär Antonio Guterres befindet sich die Welt in einem globalen Entwicklungsnotstand und diese sechs Bereiche könnten Wirkungen auf zahlreiche weitere Bereiche entfalten.
Viele Experten sehen jedoch eine der größten kurzfristigen Herausforderungen für die UNO und internationale Finanzinstitutionen in der Finanzierung, insbesondere bei der Förderung von Projekten bezüglich dieser Ziele in Ländern sowie der Entlastung der Entwicklungsländer von ihrer öffentlichen Schuldenlast. Laut Rebeca Grynspan, Generalsekretärin der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung, entzieht die Schuldenlast vielen Entwicklungsländern ihre Ressourcen und behindert ihre Fähigkeit, die Ziele zu verfolgen. Etwa 3,4 Milliarden Menschen weltweit leben in Ländern, die mehr für Schuldentilgung als für Gesundheit oder Bildung ausgeben.
„Im vergangenen Jahr haben Entwicklungsländer 847 Milliarden US-Dollar für den Schuldendienst aufgewendet, dieses Jahr sind es 921 Milliarden. 2024 beliefen sich die geplanten Ausgaben für die Entwicklungsziele auf knapp 4 Billionen US-Dollar, und in diesem Jahr wird diese Marke überschritten. Die Entwicklung geht zurück.“
Experten fordern zudem neue Wege zur Umsetzung der Entwicklungsziele, etwa durch die Förderung öffentlich-privater Partnerschaften oder den verstärkten Einsatz von Wissenschaft, Technologie und Innovation. Allerdings könne dies nur dann wirken, wenn ein gerechter Zugang gewährleistet und die technologische Kluft zwischen Ländern verringert wird.