„Aus dem Nebel” – die Geschichte über den Brauch „Ehefrau fangen“ Volksgruppe Mong

Thuy Tien, Le Phuong
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(VOVWORLD) - „Keo vo“, auf Deutsch „Frau ziehen“, ist ein Brauch der Volksgruppe der Mong und einiger ethnischen Minderheiten im Nordwesten Vietnams. Paare, die sich lieben und bald heiraten, führen diesen Brauch oft auf Markttagen und Festen durch. Dieser einzigartige Brauch wurde jedoch viele Jahre lang falsch verstanden und zu einer Form von „Bat vo“ - „Frau fangen“ oder „Cuop vo“ - „Frauenraub“ entwickelt. Angesichts dieser Situation hat Ma Thi Di, ein Mädchen der Mong in der Kleinstadt Sapa in Lao Cai, Protestaktionen durchgeführt, um ihr eigenes Leben zu meistern und ihr eigenes Glück zu finden.
„Aus dem Nebel” – die Geschichte über den Brauch „Ehefrau fangen“ Volksgruppe Mong - ảnh 1Ma Thi Di (l.) und ihre Mutter Chau Thi Say (M.) beim Programm. (Foto: VOV)

Im Alter von 14 Jahren wurde Ma Thi Di von der Familie von Vang, einem Mann, den sie gerade Anfang 2017 auf einem Markt kennengelernt hatte, entführt und zu Ehefrau Vangs gezwungen. Im Gegensatz zu anderen Mong-Mädchen, die danach einer Heirat zustimmten, protestierte Ma Thi Di heftig und akzeptierte eine Zwangsheirat nicht. Ma Thi Di, die jetzt bereits 20 Jahre alt ist, erinnert sich:

„Damals war ich sehr überrascht, weil es so plötzlich passierte. Ich hatte nur einen Gedanken im Kopf: Ich muss zur Schule gehen, um mehr Kenntnisse zu sammeln. Ich war deshalb entschlossen, die Einwände anderer Menschen zu ignorieren und mich selbst aus diesem Brauch zu befreien. Ich wollte nicht früh heiraten und war gegen diese Aktion.“

Mit dieser Entschlossenheit konnte Ma Thi Di weiter zur Schule, während ihre Freundinnen bereits verheiratet waren. Sie darf auch jemanden heiraten, den sie wirklich liebt. Ma Thi Di ist derzeit selbstständig und eröffnete selbst einen Online-Shop, um Trachten ihrer Volksgruppe zu verkaufen. Di erzählt:

„Ich wollte den jungen Menschen in den bergigen Regionen sagen, dass sie ihre Träume selbstbewusst erfüllen sollten. Es gibt noch viele Dinge, die sie nicht wissen und lernen müssen.“

Dis Mutter, Chau Thi Say, stimmte wie andere Mong-Frauen der Frühheirat gemäß der Tradition ihrer Volksgruppe zu. Um die Zukunft und das Glück ihrer Tochter zu schützen, erlebte Say vor sechs Jahren einen psychologischen Kampf zwischen der Frage, ob sie den traditionellen Bräuchen ihrer Volksgruppe folgen oder die Entscheidung ihres Mädchens respektieren sollte. Dazu Chau Thi Say:

„Ich hoffe, dass mein Kind die Oberschule abschließen kann und so gut wie alle anderen ausgebildet wird. Als meine Tochter mit der Entführung der Ehefrau nicht einverstanden war, habe ich mit der Familie des Jungen gesprochen, damit sie die Entscheidung meiner Tochter respektiert. Ich freue mich sehr, dass Di so glücklich ist, wie jetzt.“

„Aus dem Nebel” – die Geschichte über den Brauch „Ehefrau fangen“ Volksgruppe Mong - ảnh 2Ma Thi Di im Dokumentarfilm „Children of the Mist“. (Foto: VOV)

Aus der Geschichte der Familie von Ma Thi Di sagte Nguyen Le Hoai Anh an der pädagogischen Universität Hanoi, dass die Kommunikationsaktivitäten zum Abbau der Vorurteile in Familien und ethnischen Minderheiten positive Ergebnisse gebracht hätten:

„Beim Brauch „Frau ziehen“ gibt es viele schöne Kulturzüge. Es gibt aber auch Dinge, die für die heutige Gesellschaft nicht geeignet sind. Die Geschichte von Di ist ein Beispiel dafür. Di selbst hat sich verändert. Ihre Familie begleitet und unterstützt sie. Und jetzt setzen wir uns alle für die Beseitigung von Diskriminierung und Ungleichheit gegenüber Kindern, insbesondere Mädchen ethnischer Minderheiten, ein.“

„Umsetzung der Geschlechtergleichstellung und Lösung dringender Probleme gegenüber Frauen und Kinder“ ist eines von zehn Projekten im Rahmen des nationalen Zielprogramms für die sozioökonomische Entwicklung in Gebieten ethnischer Minderheiten und bergigen Regionen. In den letzten zwei Jahren haben lokale Behörden auf allen Ebenen, einschließlich der Frauenverbände, dieses Projekt umgesetzt und positive Ergebnisse erzielt. Dazu die stellvertretende Vorsitzende der vietnamesischen Frauenunion, Ton Ngoc Hanh:

„Wir haben zwölf verschiedene Hinweise herausgegeben und Modelle in acht Provinzen entwickelt, um wichtige Inhalte des Projektes umzusetzen. Neben den Papierdokumenten und elektronischen Dokumenten stellen wir Videoclips und Comics in verschiedenen Sprachen bereit, um die Aufklärungsarbeit in Gebieten ethnischer Minderheiten durchzuführen. Wir unterstützen den Frauen mit Fertigkeiten, damit sie besser ihre Produkte auf dem Markt verkaufen können. Dies hilft ihnen, einen stabilen Job und ein stabiles Einkommen zu haben. Sie können dann sich besser um ihre Familie und Kinder kümmern und fortschrittlichere Gedanken haben, um die Kinderehe und Verwandtenheirat zu verhindern.“

Die Geschichte von Ma Thi Di sowie der Brauch „Frau fangen“ in der nordvietnamesischen Bergregion wurden von der Regisseurin, Ha Le Diem, im Dokumentarfilm „Children of the Mist“ erzählt. Der Film gewann den Preis für den besten internationalen Film beim Docaviv Film Festival und den Preis für die beste Regie beim Amsterdam Documentary Film Festival 2021. Das Mädchen Ma Thi Di ist mit ihren Aktionen gegen die Zwangsheirat und aus dem Nebel herausgekommen sowie hat den Brauch „Frau fangen“ überwunden. Die Geschichte von Di stellt das Portrait einer bestimmten Figur dar und bringt einen detaillierten Einblick in die ethnischen Minderheiten in Vietnam ein. Dadurch trägt sie zur Gleichberechtigung für die Kinder, insbesondere Mädchen der ethnischen Minderheiten bei.

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