Menschen suchen Schutz während der Raketenangriffe aus dem Iran am 17. Juni 2025 in Tel Aviv. (Foto: Reuters/Ronen Zvulun) |
Als Reaktion auf den israelischen Angriff am 13. Juni führte der Iran massive Vergeltungsschläge gegen mehrere Großstädte Israels durch, was zu tagelangen gegenseitigen Luftangriffen führte.
Eskalation der Vergeltung
Der israelische Präventivschlag markiert die bislang heftigste Eskalation im Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Dieser beruht auf unvereinbaren Positionen in Fragen der Religion, der Rechte der Palästinenser sowie den jeweiligen Interessen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, der Angriff sei notwendig gewesen, um zu verhindern, dass der Iran Atomwaffen erlangt, was für Israel eine existenzielle Bedrohung darstelle. Der Iran wies diese Vorwürfe zurück, betonte sein Recht auf die zivile Nutzung von Atomenergie und verurteilte den israelischen Angriff als eine eindeutige Verletzung der Souveränität des Iran.
Die Weigerung beider Seiten, auf die Forderungen der jeweils anderen einzugehen, sowie das Scheitern der Atomverhandlungen zwischen den USA und dem Iran seit über zwei Monaten führten dazu, dass die israelische Regierung die riskanteste Lösung auswählte, nämlich einen Militärschlag. Der Iran reagierte daraufhin mit der bislang umfangreichsten Raketenoffensive gegen mehrere israelische Städte.
Bis Dienstag wurden 300 Todesopfer auf iranischer und etwa 40 auf israelischer Seite, Tausende Verletzte und Zerstörungen wichtiger Infrastrukturen beider Länder berichtet. Dazu Negar Mortazavi, eine Expertin für den Iran im Center for International Policy (CIP):
„Die iranische Regierung versucht möglicherweise, ein Gleichgewicht zu schaffen, durch eine Reaktion, die Israel von weiteren Angriffen abhält, ohne jedoch einen größeren Krieg zu provozieren. Wo genau dieses Gleichgewicht liegt, weiß ich jedoch nicht.“
Neben der unmittelbaren Gefahr eines regionalen Flächenbrands droht der aktuelle Konflikt auch die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung der iranischen Atomfrage zunichtezumachen. Der ehemalige US-Staatssekretär für Israel-Palästina-Angelegenheiten und Experte am Center for American Progress (CAP), Andrew Miller, erklärt:
„Ich glaube nicht, dass diese Angriffe die Gaza-Verhandlungen beeinträchtigen, aber sie schaden den Gesprächen über das iranische Atomprogramm. Was Israel auch erreicht, es wird nur vorübergehend sein. Eine dauerhafte Lösung kann nur durch Diplomatie erreicht werden. Aber unter den aktuellen Umständen ist es für den Iran schwer, an Verhandlungen teilzunehmen.“
Welche Rolle spielen die USA?
Eine Schlüsselfrage ist die Rolle der USA –des wichtigsten Verbündeten Israels. Militärexperten sind der Meinung, ohne direkte Beteiligung des US-Militärs hätten Israels Operationen, insbesondere gegen tief unterirdisch liegende Atomanlagen wie Natans und Fordo, wenig Erfolg. Laut Brian Katulis vom Middle East Institute in den USA steht US-Präsident Donald Trump vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder er setzt auf diplomatischen Druck, um die Eskalation zu beenden und die Atomverhandlungen mit dem Iran wiederzubeleben, oder er unterstützt Israels Militärschläge aktiv. Katulis kommentiert:
„Bei seiner Rückkehr ins Amt Anfang des Jahres erklärte Trump, er wolle Konflikte wie in der Ukraine oder im Gazastreifen beenden und große Kriege im Nahen Osten vermeiden. Das ist ihm nicht gelungen. Israels Handlungen zeigen das deutlich. Trotz diplomatischer Bemühungen mit dem Iran blieb der Erfolg aus.“
Auch andere Großmächte setzen weiterhin auf Diplomatie. Bei einem Telefonat mit Trump forderte Russlands Präsident Wladimir Putin einen sofortigen Waffenstillstand und bot sich als Vermittler zwischen Israel und dem Iran an. Beim G7-Gipfel sprachen sich die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens und Italiens für diplomatische Lösungen aus.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, Trump habe einen Waffenstillstand vorgeschlagen, während Europa zur Wiederaufnahme der Gespräche über das iranische Atomprogramm bereit sei. Dieses Programm liegt auf Eis, seitdem Trump 2018 den Ausstieg der USA aus dem P5+1-Abkommen angekündigt hatte. Beobachter warnen, jede diplomatische Initiative müsse schnell erfolgen, bevor die Eskalation außer Kontrolle gerät.