Am Freitag werden sich Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer zum Gipfel in Brüssel treffen. Es ist möglicherweise die letzte Chance für die europäische Union, die gemeinsame Eurozone zu retten. Selbst die beiden Schwergewichte Frankeich und Deutschland haben bislang noch unterschiedliche Meinungen in zahlreichen Fragen. Man darf deswegen daran zweifeln, ob der Gipfel tatsächlich zu einem Ergebnis kommen kann.
Die europäische Schuldenkrise hat die Schwächen innerhalb der
europäischen Union aufgezeigt. Zwar haben die Staats- und Regierungschefs sich
auf zahlreichen vergangenen Gipfeltreffen bereits auf grundlegende Maßnahmen
geeinigt. Die Lage hat sich aber immer noch nicht gebessert. Auf dem jüngsten
Gipfel im Oktober vereinbarten die EU-Miglieder zum Beispiel, mehr Geld in die
Banken zu pumpen, die Staatsschulden in Griechenland umzustrukturieren und den
europäischen Rettungsschirm (EFSF) auf eine Billion Euro zu erhöhen. Aber wo
genau das Geld für den EFSF herkommen soll, ist noch unklar. Immer stärker
mehren sich die Vermutungen über eine Ende der Eurozone. Deshalb richten alle
Hoffnungen jetzt auf den kommenden Gipfeltreffen am Freitag. Hier wagt sich die
EU an ein ehrgeiziges Ziel. Denn am liebsten wäre es einigen Regierungschefs,
wenn sich die ganze europäische Union auf gemeinsame Haushaltsregeln einigen
könnte. Das allerdings würde eine Änderung des europäischen Vertrags bedeuten.
Ob dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden kann, hängt
stark von der Führung Frankreichs und Deutschlands ab. Noch immer haben beide
Länder aber Meinungsverschiedenheiten. Zwar sind sich beide Länder einig, die
Haushaltsdefizite aller Mitgliedsländer schärfer zu kontrollieren. Wie genau
das aber erreicht werden soll, darüber sind sich beide Seiten noch nicht einig.
Deutschland fordert schärfere finanzielle Kontrollregeln mit harten Strafen.
Das ist aus deutscher Sicht auch logisch, weil Deutschland aktuell das meiste
Geld zur Verfügung stellt. Frankreich wiederum fordert eine stärkere
Mitbestimmung der Regierungen und hat Angst vor einer zu mächtigen europäischen
Behörden. Ähnlich uneinig ist man sich auch, was eine mögliche Änderung des
EU-Vertrags angeht. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert, dass
alle 27 Mitgliedsländer einer solchen Änderung zustimmen müssten. Frankreich
hingegen ist der Meinung, dass dafür die 17 Mitgliedsländer der Eurozone
ausreichen. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy mahnte auch bereits, all
das könne sehr lange dauern, außerdem müsse man mit dem Widerstand von
Großbritannien rechnen. Damit könnte Sarkozy Recht haben. Bereits vor dem
EU-Gipfel hat nämlich Großbritanniens Premierminister David Cameron harte
Verhandlungen angekündigt. In den Niederlanden und in Irland wiederum fürchtet
man den Ausgang von möglichen Referenden. Noch gut in Erinnerung ist, dass
ähnliche Volksabstimmungen über den Lissabon-Vertrag gescheitert waren.
Noch vor dem Brüsseler Gipfel haben sich Sarkozy und Merkel
beim Parteitag der europäischen Konservativen in Marseille getroffen. Sie
wollten dadurch ihre politische Entschlossenheit zeigen. Weltweit hoffen
Regierungen auf eine deutliche Entscheidung auf dem EU-Gipfeltreffen. Sollte es
auch diesmal wieder nur eine allgemeine Vereinbarung geben, wäre das ein
schlechtes Zeichen für die EU-Krise.
Doan Trung