Blick auf die 68. IAEA-Generalversammlung in Wien. (Foto: D. Calma/IAEA) |
Auf der IAEA-Generalversammlung im Vienna International Centre diskutieren Vertreter der 178 Mitgliedstaaten über wichtige Themen der Nukleartechnologie, Sicherheit und friedlichen Nutzung von Kernenergie. Besprochen werden auch die Bedrohungen für die nukleare Sicherheit in der Welt.
Nuklearenergie für Lebensmittel, Medizin und Energie
In seiner Eröffnungsrede hat der IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi neue Aktionspläne für die Atoms4Food-Initiative veröffentlicht. Diese Initiative wurde von der IAEA und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im vergangenen Jahr ins Leben gerufen. Demnach wird die IAEA die FAO und ihre Partner dabei unterstützen, Kernenergie zu nutzen, um Lebensmittel zu bestrahlen und Insekten zu vernichten. Außerdem soll die Kernenergie dazu dienen, Lebensmittel zu konservieren, Technologien zur Bodenverbesserung zu erforschen und den Ertrag der Ernte zu steigern. Dadurch soll die globale Lebensmittelkapazität erhöht und die Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft verbessert werden.
Eine weitere Priorität der IAEA liegt im verstärkten Einsatz von Kernenergie in der Krebsdiagnose und –behandlung. Am Rande des Gipfels der Afrikanischen Union im Februar 2022 haben die IAEA und die Welthandelsorganisation die „Rays of hope“-Initiative (Hoffnungsstrahl) bekannt gegeben. Sie soll den Entwicklungsländern dabei helfen, Strahlentherapiezentren zur Krebsbehandlung aufzubauen. Dank dieser Mühe haben Millionen Menschen weltweit eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von Krebs erhalten. Es werde erwartet, dass 200.000 Menschen weltweit während der fünftägigen IAEA-Generalversammlung ihren Krebs früh erkennen, gab IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi bekannt:
„Die „Rays of hope“-Initiative wird derzeit in vielen Ländern durchgeführt, vor allem in den Ländern mit durchschnittlichem und niedrigem Einkommen, in denen es sogar kein Strahlentherapiegerät gibt. Sie bekommen die Unterstützung der IAEA durch die Lieferung von Ausrüstung, die Ausbildung und manchmal durch den Bau eines Krebsbehandlungszentrums. “
Auch der Bereich Energie ist eine andere Priorität der IAEA. In einem Bericht über die Energie-, Strom- und Kernkraftschätzungen für den Zeitraum bis 2050 hat die IAEA prognostiziert, dass bis 2050 die Kernenergie in der Welt ein starkes Wachstum erreichen könnte. Dies sei dem enormen Fortschritt in der Technologie zum Bau von kleinen modularen Reaktoren (SMRs) zu verdanken.
Verminderung der Risiken in der nuklearen Sicherheit
Im Kontext der Eskalation der Konflikte und geopolitischen Spannungen in vielen Regionen steht auch das Thema über nukleare Risiken im Mittelpunkt der 68. Generalversammlung der IAEA. Dem IAEA-Chef zufolge hat diese Organisation mehr als 140 Inspektionen bei vielen Kernkraftwerken (AKW) in der ukrainischen Stadt Saporischschja durchgeführt. Vor kurzem hat Grossi persönlich auch einen Kontrollbesuch beim Atomkraftwerk Kursk in Russland abgestattet. Dort ereignen sich derzeit heftige Gefechte zwischen den Streitkräften Russlands und der Ukraine. Ihm zufolge müssen die AKWs unter allen Umständen vor Angriffen geschützt werden.
Hinsichtlich des iranischen Atomprogramms teilte der IAEA-Generaldirektor mit, dass er Diskussionen mit dem neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian vor November 2024 wiederaufnehmen wolle. Dadurch hoffe er auf die Wiederbelebung der Verhandlungen über die P5+1-Atomvereinbarung, bevor es auf der politischen Bühne in den USA Veränderungen gäbe, so Rafael Grossi weiter:
„Ich warte auf Gespräche mit dem neuen iranischen Präsidenten und mit der iranischen Regierung. Außerdem will ich mich weiter darum bemühen, der internationalen Gemeinschaft zu zeigen, dass das iranische Atomprogramm dem friedlichen Zweck dient. Dabei gibt es noch Herausforderungen, die wir aber bewältigen können.“
Im Bezug auf die Nichtverbreitung der Massenvernichtungswaffen und die Entschärfung der Spannungen im Nahen Osten steht die IAEA außerdem kurz vor dem Abschluss einer Vereinbarung mit Saudi-Arabien. Es handelt sich um die Einführung eines regelmäßigen und umfassenden Überwachungsmechanismus für Nuklearanlagen in diesem Land. Dies gilt als ein positiver Schritt im Kontext der Befürchtung, dass die Konfliktparteien im Nahen Osten ihre eigenen Atomprogramme für nichtfriedliche Zwecke verfolgen.