In der bergige Provinz Dien Bien im Nordwesten
Vietnams leben viele kleine Volksgruppen. Die Thai sind dabei die größte
Gruppe. Sie stellen mehr als 38 Prozent der Bevölkerung der Provinz. Die Thai
leben meisten in Kreisen Dien Bien und Tuan Giao. Erhalten haben sie sich ihre
alten Sitten und Bräuche bei Hochzeiten. Diese unterscheiden sich teilweise von
vietnamesischen Hochzeitsbräuchen.
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Eine Thai-Hochzeit. (Foto:baomoi.com)
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Eine Thai-Hochzeit
muss aufwändig vorbereitet werden. Die Dekorationen sehen heutzutage zwar etwas
moderner aus, aber prinzipiell gleichen sie jenen vor tausend Jahren. Bei den
Vietnamesen ist es üblich, dass die Braut nach der Hochzeit bei der Familie des
Bräutigams wohnt. Bei den Thai aber gibt es eine Besonderheit: Hier wohnt der
Bräutigam vor der Hochzeit einige Monate bei der Familie der Braut.
„Wenn ein junger Mann zur Familie seiner Ehefrau zieht, muss er von
seinem Schwiegervater alles lernen, was er für sein späteres Leben braucht.
Dieser Zeitraum dauerte früher sechs bis zwölf Jahre. Heute sind es oft nur
noch ein paar Monate.“
Das erklärt Mai Thanh
Son vom vietnamesischen Sozialwissenschaftsinstitut. Erst wenn diese Zeit bei
der Familie der Braut vorbei ist, wird geheiratet. Auch bei der Hochzeit gibt
es feste Regeln. Die Familie des Bräutigams ist für die Opfergaben
verantwortlich. Die eigentliche Zeremonie findet dann im Schlafzimmer des
Brautpaars statt. Als erster Schritt wird das Bett mit Bettwäsche ausgelegt.
Dies wird von vier Frauen durchgeführt, zwei der Brautfamilie und zwei der
Familie des Bräutigams. Bedingung ist aber, dass sie bereits eine intakte
Familie gegründet haben – so will es der Aberglaube, denn andernfalls könnte
das Unglück der Frauen auf das künftige Ehepaar abfärben. Anschließend wird der
Braut ein Haarknoten an der obersten Stelle des Kopfes festgesteckt. Damit
zeigt sie, dass sie verheiratet ist. Bei diesem Schritt kniet die Braut in der
traditionellen Tracht auf dem Boden. Erst dann ist das Paar wirklich ein
Ehepaar.
Schon ein Jahr vor
der Hochzeit bereitet die Braut der schwarzen Thai jene Gegenstände vor, die
sie später in das Haus des Bräutigams mitnehmen wird. Nach der Sitte sind das
vor allem Decken, Matratzen, Kissen und Kleidung, erklärt der Wissenschaftler
Mai Thanh Son:
„All das müssen sie vor der Hochzeit planen, denn nach der Hochzeit
sind sie mit der Erziehung der Kinder und anderen Arbeiten im Haus beschäftigt.
Dann haben sie keine Zeit mehr, um zu weben und Kleidung zu nähen. Deswegen
sieht man beim Brautzug viele Menschen, die Decken, Matratzen, Kleidung und
sogar kleine Nutztiere in das Hause des Bräutigams bringen.“
Ebenso wie die Männer
werden die Frauen dabei von ihren Eltern auf diese Arbeiten vorbereitet, fügt
Son hinzu:
„Schon wenn sie klein sind, müssen die Frauen viel arbeiten, sie
müssen kochen, weben oder auf die
jüngeren Geschwister aufpassen. Ihre Mütter bringen ihnen schon sehr früh bei,
wie man Baumwolle anpflanzt, die Baumwolle spinnt und Kleidung nähet. Die
Kleider der Frau sagen etwas darüber, wie geschickt sie ist.“
Bis heute wird diese
Tradition erhalten. Lo Thi Vien hat eine Tochter, die nächstes Jahr heiraten
wird. Schon jetzt beginnen sie und ihre Tochter, Decken und Matratzen zu
machen:
„Es hängt von uns ab, wie viele Decken und Matratzen wir machen. Eine
wohlhabende Familie kann bis zu 20 Stück machen, arme Familie macht weniger, etwa
zehn Stück. Alles wird in das Haus des Bräutigams gebracht, Decken, Matratzen bis hin zu Töpfen und
Ochsen.“
Die Bewohnerin Lo Thi
Sim erinnert sich gerne an ihrer eigene Hochzeit:
„Ich habe ganz viele Decken, Moskitonetze und Kissen in das Haus meines
Mannes gebracht. Das ist Brauch bei uns. 15 Decken, 15 Matratzen, zehn Kissen
und viel Geschirr und Töpfe mit. Ich kann Decken machen, seitdem ich 13 bin.
Meine Eltern brachten mir das bei.“
Decken und Matratzen
sind allerdings bei den Thai etwas kleiner, als man sie sonst so in Vietnam
kennt, wie Vien erklärt:
„Die Decken der Thai sind klein, nur zwei Armeslängen mal drei
Armeslänge. Mit so kleinen Decken liegt das Ehepaar umso enger beieinander, und
kann sich deswegen auch mehr liebhaben.“
Vor allem im Frühling
bereiten sich die Thai auf ihre Hochzeit vor. Wenn es jetzt im Frühling
besonders kalt ist, braucht man auch viele warme Decken.
Lan Anh