Dabei haben 100 Briefe, die im vergangenen Jahrhundert per Hand geschrieben wurden, nicht nur die Erinnerungen vieler Generationen erweckt, sondern auch den Zuschauern die Chance gebracht, eine kulturelle Schönheit der Kommunikation zu erfahren.
Das Briefeschreiben solle nicht nur der Bewahrung dienen, sondern die Konflikte vermindern. Wenn man etwas auf dem Papier aufschreibt und ihn verschickt, wird das Lebenstempo verlangsamt.
Das sagt die Autorin der Ausstellung Nguyen Thi Da Thuong. Thuong hat bereits Artikel für Zeitungen geschrieben, eine Website für alte Bücher gegründet oder einen Buchladen eröffnet. Daher hat sie die Chancen, Intellektuelle und Buchsammler zu treffen. Dabei hat sie erfahren, dass die Notizen in Heften oder das Briefeschreiben eine Art und Weise ist, die Erinnerungen zu speichern und zu bewahren, sagt Thuong:
„Während der Suche nach Dokumenten habe ich zufällig wertvolle Briefe gefunden. Es gibt die Familien der Intellektuellen, die für drei Generationen die Gewohnheit hatten, den Kontakt mit einander durch Briefe zu bewahren. Nach mehreren Jahren habe ich eine große Zahl von Briefen durch mehreren Epochen gesammelt und mir gedacht, dass ich sie mit anderen Menschen in Hanoi teilen sollte.„
In einem kleinen gemütlichen Raum am Ufer des Roten Flusses stellt die Ausstellung zahlreiche Briefe, die die Intellektuellen damals ausgetauscht hatten, aus. Beispielsweise die Briefe des Schriftstellers Tran Dan, der Dichterin Mong Tuyet oder des Kulturforschers Vuong Hong Sen. Wenn man diese Briefe lese, habe man das Gefühl, in das Privatleben der anderen einzutreten und ihre Gefühle zu empfinden, so Thuong weiter:
„100 Briefe innerhalb von 100 Jahren werden vorgestellt. Der Älteste wurde im Jahr 1905 geschrieben und der Jüngste im Jahr 2015. Die Inhalte sind vielfältig. Vor der Entwicklung der Technologie haben alle Kontakte Briefe benutzt. Daher hat jeder Brief eine Geschichte, die jede Epoche in Vietnam widerspiegelt.“
Bei allen Briefe, die auf vielen Papiersorten geschrieben wurden und meistens im Laufe der Zeit bleich geworden sind, kann man die unvergesslichen Erlebnisse und den Geruch der Vergangenenheit wahrnehmen. Thuy Nguyen aus dem Stadtviertel Ba Dinh in Hanoi äußert ihr Gefühl:
„Ich fühle mich, als ob ich zurück in die Vergangenheit gekehrt wäre. Für mich gilt jeder Brief als ein Film, der die Geschichte eines Charakters enthält. Es gibt Briefe, die nicht lang sind. Aber die Art und Weise, wie man darin die Informationen übermittelt hat, finden die Leser interessant.“
In der Technologie sind die Briefe nun zu Erinnerungen geworden. Das sei einer der Gründe, warum die Ausstellung “Rückkehr in die naive Zeit„ zahlreiche Menschen fasziniert habe, sagt Phuong Trinh, die vor kurzem nach ihrem Studium in Frankreich in Vietnam zurückgekehrt ist:
„Ich bin besonders von den Liebesbriefen beeindruckt. Es gibt einen Brief eines Liebespaares, das weit von einander gelebt und Briefe regelmäßig für einander geschrieben hat. Ich bin von ihrer Liebe tief bewegt. Es ist heute sehr günstig, Informationen durch Email und Unterhaltung im Internet auszutauschen.
Mit ihrer ersten Ausstellung hofft Thuong, dass sie dem Publikum, vor allem den Jugendlichen, dabei helfen könne, die vielen Epochen des Briefschreibens in Vietnam zu erfahren. Zugleich wolle sie die Förderung des Briefschreibens unterstützen. Ihr zufolge kann das Briefschreiben dabei helfen, ein Leben friedlich zu gestalten, wenn alle Gedanken gefühlvoll und vorsichtig aufgeschrieben werden und der Empfänger berührt sein wird.