(VOVworld) – Fünf Tage nach den Wahlen in Australien ist das offizielle Wahlergebnis noch nicht veröffentlicht. Die mehr als 90 Prozent der Stimmen, die bereits ausgezählt wurden, zeigten, dass keine Partei genügend Stimmen erreichte, um selbst eine Regierung zu gründen. Dies entspricht der Erwartung der regierenden National-Liberalen Koalition nicht. Das vorläufige Wahlergebnis zeigte auch die Spaltung innerhalb der Parteien in Australien.
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Leiter der Oppositionspartei Bill Shorten und seine Frau gehen zu Wahlen.
(Foto: EPA/VOVonline) |
Am 2. Juli waren die australischen Wahlberechtigten zu den Wahlurnen gegangen, um 150 Sitze im Unterhaus und 76 Sitze im Oberhaus zu wählen. Damit soll eine neue Regierung für die Amtszeit von 2016 bis 2019 gebildet werden. Das vorläufige Wahlergebnis zeigte, dass die regierende National-Liberalen Koalition des Premierministers Malcolm Turnbull 70 Sitze erreichte. Die oppositionelle Labor-Partei gewann 67 Sitze. Fünf Sitze gingen an die kleinen Parteien und die unabhängigen Kandidaten.
Laut den australischen Gesetzen muss eine Partei mindestens 76 von insgesamt 150 Sitzen im Unterhaus erreichen, um selbst eine neue Regierung bilden zu können.
Die Abenteuerberechnung von Premierminister Malcolm Turnbull
Im Vorfeld der Wahlen sagte Premierminister Malcolm Turnbull, er wolle zusichern, dass seine regierende National-Liberale Koalition alle Sitze erreichen werde, die sie derzeit in den beiden Kammer besitzen. Alles, was seine Koalition machen solle, sei, eine Mehrheitsregierung weiterhin aufrechtzuerhalten, um den Plan zur Wirtschaftsentwicklung zu fördern, sagte Turnbull. Während seines achtwöchigen Wahlkampfes konzentrierte er sich deshalb auf das Thema “Wirtschaftsverwaltung”, das als eine traditionelle Stärke der Liberalen Partei gilt. Turnbull schlug vor, in den kommenden zehn Jahren Steuern zu reduzieren, um das Wachstum zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen. Der Premierminister erklärte zudem, unter Leitung der Liberalen Partei werde die neue australische Regierung in der Lage sein, eine Wirtschaftskrise nach dem Brexit zu meistern.
Der Vorschlag Turnbulls konnte allerdings die australischen Wähler nicht überzeugen. Das vorläufige Wahlergebnis zeigte, dass die regierende National-Liberale Koalition ihr Ziel nicht erreicht hat. Sie hat viele Sitze im Parlament verloren. Der Direktor des australischen Forschungsinstituts, Ben Oquist, war der Meinung, dass die Koalition zu selbstbewusst für ihren Sieg sei. Sie rechne deshalb nicht mit der Möglichkeit, dass sie mit den kleinen Parteien und unabhängigen Abgeordneten verhandeln müsse. Premierminister Malcolm Turnbull sei auch abenteuerlich, wenn er entschied, die beiden Parlamentskammern für eine vorgezogene Wahl aufzulösen. Zudem Zeitpunkt, als Turnbull diese Entscheidung traf, ist die australische Regierung wegen des Plans der Steuersenkung für Unternehmen auf starken Protest des Parlaments gestoßen. Die vorgezogene Wahl gilt als ein politisches Kartenspiel von Turnbull. Seine Berechnung scheint aber falsch zu sein, weil die Unterstützungsrate für die regierende National-Liberale Koalition dramatisch sank. Sie ist nun fast gleich mit der oppositionellen Labor-Partei.
Koalition für die Regierungsgründung
Während der vergangenen Wahlen erreichten die kleinen Parteien und die unabhängigen Kandidaten 23 Prozent der Stimmen. Obwohl sie nicht viele Sitze gewannen, sind sie aber in der aktuellen Situation Personen, die das Schicksal des Landes entscheiden können.
Theoretisch können sowohl die regierende National-Liberale Partei als auch die oppositionelle Labor-Partei eine Minderheitsregierung gründen. Voraussetzung ist aber, dass sie die Unterstützung der unabhängigen Kandidaten erhalten, um mindestens 76 Sitze im Unterhaus zu erreichen. Die Leiter dieser beiden Parteien haben deshalb am 4. Juli damit begonnen, mit den unabhängigen Abgeordneten zu verhandeln. Senator Arthur Sinodinis der Liberalen Partei bestätigte, dass Premierminister Malcolm Turnbull Verhandlungen mit einigen unabhängigen Abgeordneten gestartet habe. Der Leiter der Oppositionspartei Bill Shorten hat auch mit Gesprächen begonnen.
Einige Analytiker schließen auch die Möglichkeit nicht aus, dass die beiden Parteien gleich viele Sitze erreichen. Wenn die Grüne Partei oder die unabhängigen Abgeordneten weder die Koalition noch die Labor-Partei unterstützen, muss Australien innerhalb der kommenden zwölf Monate wieder eine Wahl organisieren. Viele Menschen rechnen auch mit der Möglichkeit, dass Australien innerhalb der vergangenen drei Jahre zum 5. Mal einen neuen Premierminister haben wird.
Man hoffte, dass die vorgezogene Wahl in Australien diesem Land eine politische Stabilität bringen wird. Das Ergebnis ist aber umgekehrt. Das bedeutet, dass sich der Wunsch der Australier, eine einheitliche und stabile Mehrheitsregierung zu haben, nicht leicht erfüllt wird.