Der indische Premierminister, Narendra Modi (r.) und sein deutscher Amtskollege, Olaf Scholz, bei der Empfangszeremonie in Neu Delhi am 25. Februar. (Foto: Reuters) |
Das ist der erste Besuch von Olaf Scholz in Indien seit seinem Amtsantritt im August 2021 als Bundeskanzler. Der Besuch zieht internationale Aufmerksamkeit auf sich, weil er zu einem ganz besonderen Zeitpunkt stattfand, in dem Deutschland und die meisten europäischen Länder stark vom Russland-Ukraine-Konflikt betroffen sind. Indien erweist sich währenddessen als wichtiger Partner, auf den die meisten Länder zugreifen wollen.
Besonderer Hintergrund
Vielen internationalen Analysten zufolge ist der Zeitpunkt des Besuchs bemerkenswert. Erstens fand der Besuch zum ersten Jahrestag des Russland-Ukraine-Konflikts statt. Von diesem Konflikt ist Europa, einschließlich Deutschland, am schwersten betroffen. In dieser Krise zeigt Deutschland seine Rolle und seinen Einfluss deutlich. Berlin ist derzeit einer der größten Waffen- und Finanzlieferanten für die Ukraine. Nach Angaben des Kiel Instituts für Weltwirtschaft hat Berlin bisher mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar für Kiew zugesagt. Zweitens arbeitet Deutschland gerade daran, seine Außenpolitik, insbesondere gegenüber den Weltmächten, zu regulieren. Dementsprechend vertieft Berlin die Beziehungen zu seinen traditionellen Verbündeten wie die USA und Europa und vergrößert hingegen die Kluft zu Russland, vor allem im Energiesektor. Parallel dazu fördert Deutschland aktiv die Vervielfältigung wichtiger Wirtschaftspartner und Märkte, um die Abhängigkeit vom weltweit bevölkerungsreichsten Markt, nämlich China, zu verringern.
Indien wird inzwischen Tag für Tag weltweit zu einem immer wichtigeren Partner. Dieses südasiatische Land ist nicht nur der zweitbevölkerungsreichste Markt der Welt, sondern hat auch eine wichtige geopolitische Position. Es ist auch eines der wenigen Länder der Welt, das nachweislich Atomwaffen besitze. Bemerkenswert gehört Indien zu den Ländern, die sich standhaft geweigert haben, die von Deutschland und seinen westlichen Verbündeten verhängten Sanktionen gegen Russland zu unterstützen. Am 23. Februar enthielt sich Indien weiterhin der Stimme, als die UN-Generalversammlung über eine Resolution abstimmte, in der Russland zum sofortigen Abzug seiner Truppen aufgefordert wurde. Zuvor hat sich Neu-Delhi am 12. Oktober 2022 in Bezug auf einen Resolutionsentwurf der UN-Generalversammlung gegen die Annexion von vier ukrainischen Regionen durch Russland ebenfalls der Stimme enthalten. Neu-Delhi erweitert darüber hinaus kontinuierlich die Zusammenarbeit mit Moskau, insbesondere im Energiebereich. Er hilft damit Russland dabei, mehr wichtige Ressourcen zu haben, um Tausenden von Sanktionen des Westens standzuhalten.
Berlins strategischer Schritt
Vor diesem Hintergrund bringt der Indien-Besuch von Bundeskanzler, Olaf Scholz, strategisches Kalkül und ehrgeizige Ziele mit sich. Eines der wichtigsten Ziele ist, die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Neu-Delhi zu verstärken. Dies wurde beim Treffen zwischen dem Bundeskanzler und seinem indischen Amtskollegen, Narendra Modi, am ersten Tag des Besuchs deutlich gezeigt. Dabei diskutierten die beiden Spitzenpolitiker konzentriert über Maßnahmen zur Förderung der bilateralen Beziehungen. Sie erörterten anschließend mit Vertretern der Unternehmen beider Länder. Während der Reise besuchte der Bundeskanzler auch Bengaluru, die als „Silicon Valley“ Indiens betrachtet wird.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nach den Gesprächen bekräftigte Olaf Scholz, dass beide Seiten die Handelsbeziehungen zwischen Indien und der Europäischen Union (EU) vorantreiben wollten, einschließlich der Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens. Der deutsche Regierungschef schätzte die Entwicklung der Informationstechnologie- und Softwarebranche in Indien und äußerte den Wunsch, dass Deutschland Fachkräfte aus Indien anziehen könnte.
Viele internationale Analysten sehen die Förderung der Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit mit Indien als einen strategischen Schritt, um den ehrgeizigen Zielen von Bundeskanzler, Olaf Scholz, zu dienen. Diese Richtung hilft nicht nur Berlin und der EU, große wirtschaftliche und kommerzielle Vorteile aus dem potenziellen südasiatischen Land zu haben. Sie trägt auch dazu bei, die Position Deutschlands zu stärken. Dies entspricht dem Berliner Ziel, den Markt zu vervielfältigen und die Position von Bundeskanzler, Olaf Scholz, persönlich in Deutschland und in der EU zu stärken. Die Möglichkeit, Neu-Delhi schrittweise der EU näher zu bringen, wird auch eröffnet. Doch sagen Beobachter, es sei noch zu früh, um zu bekräftigen, ob diese ehrgeizigen Berechnungen wirksam sind.