Beim Besuch in The Rieng werden Kunden von Gehörlosen auf eine ganz besondere Art und Weise begrüßt. (Foto: Khanh Long/VNP)

Jeden Tag fährt Tran Thu Phuong etwa 20 km mit dem Bus vom Stadtrand ins Zentrum von Hanoi, um im Café „The Rieng“ zu arbeiten. Obwohl die Fahrt anstrengend ist, möchte Phuong keinen anderen Job suchen. Denn „The Rieng“ ist ein Ort, an dem gehörlose und stumme Menschen wie sie miteinander arbeiten. Noch wichtiger ist es, dass Phuong dort ihre Kreativität in der Arbeit einbringen kann, die sie liebt. Da sie weder hören noch sprechen kann, braucht Phuong bei besonderen Anlässen oft jemanden, der ihr bei der Übersetzung der Gebärdensprache hilft.

Die Geräusche, die durch das Aneinanderstoßen der Hände beim Gebrauch der Gebärdensprache entstehen, werden von Nguyen Phuong Ha – einer Freundin – in gesprochene Sprache übersetzt, damit andere verstehen, was Phuong sagen möchte.

– Phuong, gefällt dir deine Arbeit?

– Warum?

„Früher arbeitete Phuong an einem anderen Ort, aber es war sehr schwierig. Das Modell für Gehörlose hier passt perfekt. Alle Mitarbeitenden nutzen Gebärdensprache, und Phuong liebt ihre Arbeit sehr. Besonders mag sie es, Getränke zu mixen und sich selbst herauszufordern, um sich die Rezepte zu merken. Wenn beim Schütteln die Eiswürfel in ihren Ohren rascheln, kann sie diese Geräusche wahrnehmen – das macht ihr Spaß. Und wenn sie sieht, wie die Gäste die Getränke genießen, ist sie sehr glücklich.“

Luong Viet Quang, ein 19-jähriger Kellner mit einem schönen Gesicht, hat eine andere Art von Klang, die ihm gefällt.

Quang kann diesen Ton zwar nicht hören, aber er spürt das Vibrieren des Geräts, wenn ein Gast den Knopf auf dem Tisch drückt und damit um Hilfe bittet. Währenddessen hat Nguyen Thi Kim Anh, die jahrelang nur einfache Arbeiten erledigte, weil man ihr nicht zutraute, komplexe Aufgaben erfüllen zu können, nun bei The Rieng eine neue Position als Kassiererin. Die Mitarbeitenden zeigten viel Geduld bei ihrer Einarbeitung. Sie erklärten ihr alles Schritt für Schritt, um ihr den Einstieg zu erleichtern. Am meisten freut sich Kim Anh darüber, dass man ihr vertraut, ihre Fähigkeiten anerkennt und sie wie alle anderen gleich behandelt. Jede gehörlose oder stumme Person bei „The Rieng“ bringt ihre eigene Geschichte mit. Doch sie alle teilen denselben Traum: sich selbst zu verwirklichen und Teil der Gesellschaft zu sein. Pham Thai Ha, ein Gast von „The Rieng“, erzählt:  

The Rieng ist nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern ein Ort des Teilens, der Empathie und der gemeinsamen Verbreitung von Lebenswerten. (Foto: Khanh Long/VNP)

„Auch wenn sie nicht wie gewöhnlich mit Worten kommunizieren können, zeigen sie ihre Herzlichkeit, Aufmerksamkeit und Sorgfalt durch ihre Blicke oder durch unterstützende Mittel. Manchmal bringen sie einem sogar einfache Gebärden bei wie ‚ok‘, ‚guten Appetit‘ oder ‚danke‘ bei. Für mich ist das eine bedeutungsvolle Erfahrung.“

Im Jahr 2019, nach einer zufälligen Begegnung mit einer gehörlosen Person – die heute Personalmanager bei „The Rieng“ ist – hatte Vu Van Dung die Idee, ein Restaurant speziell für die gehörlose Gemeinschaft zu eröffnen. Doch erst 2024 wurde „The Rieng“ Realität. Obwohl die Mitarbeitenden gut ausgewählt und geschult wurden, führten anfangs Kommunikationsprobleme und Missverständnisse dazu, dass Dung fast aufgeben wollte. Doch als er die Anstrengungen der weniger glücklichen Menschen sah, schöpfte er neuen Mut. Vu Van Dung erzählt:  

„Die Mitarbeitenden hier sind sehr engagiert. Ich möchte Gehörlosen mehr Möglichkeiten zur Integration in die Gesellschaft bieten, anstatt dass sie sich zurückziehen und kaum Zugang zu stabilen Jobs haben. Nach Rückzahlung der Investitionen wird der gesamte Gewinn einem Bildungsfonds für Gehörlose und krebskranke Menschen in schwierigen Lebenslagen gespendet. Ich möchte Menschen mit Behinderungen der Gesellschaft näherbringen.“

Beim Abschied machen die Mitarbeitenden von „The Rieng“ eine besondere Geste: Sie formen mit ihren Fingern ein Herz, halten es an ihre lachenden Lippen und öffnen es wie eine blühende Blume – ein lautloses, aber herzliches Dankeschön. Trotz vieler Schwierigkeiten geben sie jeden Tag ihr Bestes, um sich selbst zu beweisen und mit Zuversicht im Leben voranzukommen.