(Symbolfoto: Xinhua/VNA) |
Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur-Bund hatten 2000 begonnen. Diesem Bund gehört neben den vier Gründungsstaaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay inzwischen auch Bolivien an. Interne Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Mitgliedstaaten führten dazu, dass die Verhandlungen über einen längeren Zeitraum auf Eis gelegt wurden, bevor beide Seiten Ende vergangenen Jahres einen finalen Vertragsentwurf fertigstellten.
Ein strategisches Abkommen
Die Billigung durch die EU-Kommission beendet die bislang längsten Verhandlungen der EU mit einem Handelspartner. Sollte das Abkommen von allen 27 EU‑Mitgliedstaaten sowie den Mercosur‑Staaten ratifiziert werden, würde der größte Freihandelsraum der Welt mit rund 700 Millionen Verbrauchern entstehen.
Für Mercosur‑Länder könnte besonders der Agrarsektor von diesem Abkommen profitieren. Vielfältige Agrarprodukte wie Fleisch, Zucker, Honig und Soja aus führenden Agrarnationen wie Brasilien und Argentinien sollen künftig mit niedrigen Zöllen und wenigeren Handelshemmnissen nach Europa exportiert werden.
In ihrer Rede am Mittwoch bekräftigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Unternehmen und der europäische Agrar- und Lebensmittelsektor würden unmittelbar von niedrigeren Zöllen und geringeren Kosten profitieren.
Das Abkommen sieht vor, dass rund 91 Prozent der Zölle auf EU-Warenexporte in die Mercosur-Staaten schrittweise abgebaut werden. Laut der Europäischen Kommission bedeutet das für EU-Unternehmen jährliche Einsparungen von bis zu vier Milliarden Euro. Gleichzeitig können die jährlichen EU-Exporte in die Mercosur-Staaten um bis zu 39 Prozent (49 Milliarden Euro) steigen.
Am Mittwoch legte die EU-Kommission dem Europäischen Rat ihren Vorschlag für die Unterzeichnung und den Abschluss des modernisierten Globalabkommens EU-Mexiko (MGA) vor. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič erklärt:
„Es ist nicht nur ein wichtiger Moment für die Handelspolitik der Europäischen Union, sondern auch für unsere wirtschaftliche Zukunft insgesamt. Das EU-Mercosur-Abkommen sowie das modernisierte Globalabkommen zwischen der EU und Mexiko sind nicht nur Handelsabkommen. Sie sind strategische Instrumente, die Europas Rolle in der globalen Wirtschaft für die kommenden Jahrzehnte mitgestalten werden.“
Schutzklauseln für Agrarprodukte
Obwohl das Abkommen für die EU strategisch wichtig ist, stehen weiterhin erhebliche Hürden zur Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten im Raum. Laut EU-Regeln muss eine qualifizierte Mehrheit (mindestens 15 von 27 EU-Ländern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren) sowie eine Zustimmung des Europäischen Parlaments erreicht werden.
Deutschland und Spanien unterstützen das Abkommen deutlich, da es ihnen hilft, wirtschaftliche Verluste infolge von US‑Zollmaßnahmen auszugleichen und die Abhängigkeit von China zu reduzieren.
Im Gegensatz dazu haben sich Polen und Frankreich gegen das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten ausgesprochen. Sie fürchten, dass Agrarimporte aus den Mercosur-Staaten mit niedrigen Preisen und mangelhaften Umweltstandards den europäischen Agrarsektor beeinträchtigen könnten. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk erklärt:
„Wir haben mit den Franzosen vereinbart, dass – falls sie nicht bereit sind, gemeinsam mit uns eine Sperrminorität gegen dieses Abkommen zu bilden – sie zumindest gemeinsam mit uns einen Schutzmechanismus ausarbeiten sollten. Das bedeutet: Falls das Mercosur-Abkommen in Kraft tritt und irgendein negatives Anzeichen zum Beispiel im Rindfleischmarkt auftritt, soll die Europäische Kommission sofort Schutzmechanismen einführen, also Zölle wieder erheben.“
Die EU-Kommission verwies bereits auf „robuste Schutzmaßnahmen“ für „sensible Agrarprodukte“ im Abkommen und kündigte an, mit einem weiteren Rechtsakt entsprechende Kontrollmechanismen im Detail festzuhalten. Damit sollen die Gegner des Abkommens zur Zustimmung bewegt werden.